Pause im Alltag

Fastenzeit – Zeit für uns und Zeit für Gott

In der Fastenzeit können wir auf bestimmte Dinge verzichten oder anderen etwas Gutes tun. Oder wir nehmen uns bewusst Zeit für Gott. Ideen für Familien von dem Theologen und Erzieher Christian Huber.

veröffentlicht am 14.02.2022

Alle Jahre wieder… Nein, es geht nicht um Weihnachten. Ostern ist das Fest, das sich gerade mit großen Schritten nähert. Auch wenn die ersten Osterhasen und Schokoeier schon im Handel sind: Eigentlich geht dem Osterfest eine andere, sogenannte geprägte Zeit voraus, die Fastenzeit.

Während bei vielen muslimischen Gläubigen der Ramadan, also der muslimische Fastenmonat, eine wichtige und zentrale Rolle im Jahr einnimmt, haben die 40 Tage zwischen Aschermittwoch und der Osternacht bei vielen Christen oft nur noch eine untergeordnete Bedeutung. Streng genommen gibt es in der katholischen Kirche nur zwei sogenannte Fast- und Abstinenztage, den Aschermittwoch und den Karfreitag. Alle Gläubigen zwischen dem 18. und dem 60. Lebensjahr sind dazu aufgerufen, an diesen Tagen lediglich eine einfache, jedoch sättigende Mahlzeit zu sich zu nehmen und auf Fleisch zu verzichten. Letzteres gilt sogar schon ab dem 14. Lebensjahr bis zum Lebensende.

Oft leidet unsere Beziehung zu Gott in der Hektik des Alltags

Die Tage dazwischen sind nicht eindeutig geregelt. Aber es gibt viele Möglichkeiten, sie sinnvoll zu gestalten. Viele Menschen verzichten in der Fastenzeit generell auf Fleisch, Kaffee, Alkohol oder andere Genussmittel. Neben dem Verzicht auf etwas kann auch der besondere Einsatz für etwas ein Fastenopfer sein. Besondere Werke der Nächstenliebe etwa oder Geldopfer für Notleidende. Und auch das ist eine Möglichkeit: die Beschäftigung mit Gott.

Denn allzu oft leidet unsere Beziehung zu Gott in der Hektik des Alltags. Ein Arzttermin in der Mittagspause, nach der Arbeit einkaufen und eilig nach Hause, damit die Kinder auch noch etwas von einem haben. Vokabeln abfragen, einen Kuchen für die Schule zubereiten, Abendessen und nach einem nicht enden wollenden Tag müde ins Bett fallen. Solche Tage sind für viele Eltern keine Ausnahmen, sondern vielmehr die Regel, besonders dann, wenn die eine oder andere Unterstützung aus welchem Grund auch immer fehlt oder wegfällt.

Der heilige Franz von Sales, von dem die Salesianer Don Boscos ihren Namen abgeleitet haben, hat einmal gesagt: „Gib dir jeden Tag eine Stunde Zeit zur Stille. Außer wenn du viel zu tun hast. Dann gib dir zwei!“ Was zunächst paradox klingt, ist in meinen Augen mehr als richtig. Wenn auch nicht unbedingt leicht umzusetzen. Gerade im Stress des Alltags, in dem wir uns manchmal fühlen wie funktionierende Maschinen, kann es sehr heilsam sein, einmal kurz runterzukommen und auf die Bremse zu drücken. Ist wirklich alles unbedingt notwendig? Dreht sich die Welt nicht auch weiter, wenn das eine oder andere einmal nicht pünktlich fertig ist?

Eine Pause von Reizüberflutung und Leistungsdruck

Die Fastenzeit will uns genau hierfür Gelegenheit geben. Und nicht nur uns, sondern auch unseren Kindern! Für viele Kinder ist das Leben nicht nur unbeschwert, für einige bedeutet auch ein Acht-Stunden-Tag im Kindergarten nicht nur Spiel, Spannung, Spaß und Glück. Ganz zu schweigen vom Schulalltag. Dabei müssen es gar nicht unbedingt Sorgen oder Ängste sein, die unsere Kinder beschäftigen. Es sind die Masse an Reizen und durchaus auch Leistungsdruck, von denen eine Pause nicht schaden kann.

Die Fastenzeit beginnt mit dem Aschermittwoch. Traditionell finden an diesem Tag Gottesdienste mit Aschauflegung statt. Die Asche entsteht aus dem Verbrennen der Palmbuschen vom Palmsonntag des vergangenen Jahres. Wenn solche Gottesdienste mit Kita-Kindern stattfinden, kann man beispielsweise eine Luftschlange unter die Palmbuschen mischen. Damit wird bildlich dargestellt, was sonst für viele zu abstrakt ist: Der Fasching, die Zeit des ausgelassenen Feierns, die Zeit, in der Verkleidungen tragen, ist vorbei. Es beginnt ein neuer Abschnitt des Jahres, eine Zeit, in der wir über uns selbst, über unsere Lieben und über Gott nachdenken wollen. Eine Zeit des Ehrlich-Werdens mit sich selbst, ohne Verkleidungen. Die Asche – in ihrer Einfachheit – zeigt uns Erwachsenen, dass alles Irdische vergänglich ist. Zugleich zeigt das Kreuz, das uns auf die Stirn gezeichnet wird, dass wir zu Christus gehören, dem Unvergänglichen.

Gemeinsam überlegen: Worauf möchten wir in der Fastenzeit verzichten?

Dieses Ritual könnte auch gut zuhause im kleinen Rahmen vollzogen werden. Vielleicht ist das gerade jetzt, in Zeiten der Pandemie, für viele eine gute Alternative.

Vielleicht können Sie gemeinsam mit ihren Kindern überlegen, worauf sie in der Fastenzeit verzichten möchten. Vielleicht gibt es eine Organisation, die Sie unterstützen möchten durch Taten oder Spenden. Vielleicht möchten Sie auch einfach einmal wieder zusammen die Kinderbibel aufschlagen und sich einen Gedanken oder ein gutes Wort schenken lassen?

In unserer Kita begehen wir die Fastenzeit meist als sogenannte „spielzeugfreie Zeit“. Was sich karg anhört, bietet unheimlich viel Potenzial für Kreativität und Fantasie. Belassen werden nur Spielsachen, die die Kreativität anregen, die noch nicht „fertig“ sind, wie etwa Bauklötze oder Ähnliches. Bei einem gemeinsamen Waldspaziergang dürfen die Kinder Naturmaterialien sammeln, mit denen es sich wunderbar spielen lässt, und sie mit in den Kindergarten nehmen.

Gönnen Sie sich und Ihren Kindern Zeit zur Stille!

Für manche Kinder sind die ersten Tage eine ziemliche Umstellung. Andere dagegen blühen prompt auf und lassen ihrer Fantasie freien Lauf, bauen Türme und Landschaften, die sie stolz präsentieren und fotografieren wollen. Nach einigen Tagen haben sich die Kinder auf die neue Situation eingelassen und entwickeln immer wieder neue Ideen. Langeweile kommt jedenfalls nicht auf.

Gönnen Sie sich und Ihren Kindern Zeit zur Stille. Erlauben Sie sich Gedankenspiele! Nehmen Sie sich immer wieder eine Kleinigkeit vor. Diese fallen uns bedeutend leichter als das Umsetzen eines ganzen Kataloges an Ideen auf einmal. Und wenn es heute nicht geklappt hat, dann vielleicht morgen, oder übermorgen. Und wenn es nur ein kleines Gebet am Abend ist: Gott erhört es und ist uns nahe.


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